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Thema: Goslarer Originale

Hybrid-Darstellung

  1. #1
    Gedingeschlepper Avatar von rawe60
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    Tetchen Bosse war ein stadtbekanntes Original und wohnte in Jürgenohl in der Nähe der Lauenburger Straße. Um es gerade herauszusagen war er nicht der Hellsten einer. Er arbeitete bei der Stadt als Stadtreiniger und fuhr oft mit dem Stadtbus zur Arbeit, wo ich ihn mehrfach persönlich erleben durfte. Wie schon erwähnt fiel er beim Reinigen in den Swimmingpool des Hotels Brusttuch, der sich unmittelbar unter dem Dach des Hauses befindet. Er wäre dabei beinahe ertrunken, hätte man ihn nicht sofort herausgezogen, denn er konnte nicht schwimmen. Auch Ätepanne war bei der Stadt als Straßenkehrer beschäftigt. Er trug immer eine Esspfanne bei sich, daher sein Name. Mannetopp arbeitete auf dem Fliegerhorst und ich sah ihn immer, wenn er nach Feierabend die Grauhöfer Landwehr in Richtung Hahndorf ging. Er wohnte im Vorwerk Grauhof, was sich gegenüber der ehemaligen Franzosenkaserne befindet. Viel mehr kann ich zu ihm nicht erzählen. Er war jedoch durch sein Äußeres und durch sein ganzes Auftreten ein Original. Er trug immer eine Aktentasche bei sich. Seit Ende der 60er Jahre habe ich ihn jedoch nicht mehr gesehen, daher kann ich nichts zu seinem weiten Verbleiben sagen. Hillebille ist durch seine Kolumne in der Goslarschen Zeitung bekannt geworden. Hier erzählte er im goslärschen Dialekt kleine Anekdoten und kommentierte aus Sicht des einfachen Goslärschen das aktuelle Tagesgeschehen. Man nannte ihn auch Bulke, nach dem Goslarer Stadtschreier. Vielleich kennst du noch den runden Aufkleber mit der Aufschrift "Sieh' Dich mal um, Bulke geht rum in Goslar". Dort ist Hillebille als Bulke verewigt. Hillebille hieß mit richtigen Namen Ulrich und wohnte in der Breiten Straße. Ihm gehörte der Ulrich'sche Garten. Er ist jedoch auch schon seit einigen Jahren tot. Zu erwähnen wäre hier auch noch Hansi. Hansi war durch einen schweren Schicksalsschlag von Geburt an geistig zurückgeblieben und hatte das Niveau eines Kleinkindes. Er wohnte im Landsberger Weg in Jürgenohl und streifte immer mit seinem voll aufgedrehten Kofferradio durch den Stadtteil und dem nahegelegenen Grauhöfer Holz. Hatte er sich einen erst einmal auserkoren, so wurde man ihn so schnell nicht wieder los. Er stellte pausenlos seine kindlich naiven Fragen und folgte einem auf Schritt und Tritt. Man konnte sich ihm nur durch Flucht in einem Augenblick der Unaufmerksamkeit entziehen. Auch familiär hatte Hansi schwere Schicksalsschläge zu überstehen, von denen er dank seiner geistigen Behinderung jedoch wenig mitbekam. Sein Vater erhängte sich im Wäldchen an der Grauhöfer Landwehr und auch seine Mutter schied Jahre später durch Selbstmord aus dem Leben. Ihn selbst hat man noch viele Jahre, bis glaub‘ ich, Ende der 80er Jahre durch Jürgenohl laufen sehen. Dann ganz plötzlich verschwand er. Sollte er noch leben, so wäre er heute um die Mitte 70. Zwei weitere Originale waren die Tamanis-Brüder. Diese wohnten am Brieger Weg und waren durch ihr Elternhaus geprägt: beide, Vater und Mutter waren Alkoholiker. Sie wurden bei der Polizei immer wieder wegen ihres kriminellen Verhaltens auffällig. Der Ältere der beiden Brüder neigte darüberhinaus zur Gewalt. Einen Höhepunkt erreichte ihr Verhalten, als sie mitten im Winter ein Bienenvolk fliegen liessen, das sich in einem Bienenhaus nördlich des Krankenhauses befand. Natürlich überlebte keine der Bienen den Flug. Schließlich kam es im Jahr 1977 zu einem tragischen Zwischenfall: Die beiden Brüder hatten sich zusammen mit einem Mann namens Pfannenschmidt, einem Krankenpfleger, zu einem Saufgelage auf einer Bank am Weg zwischen Krankenhaus und dem Klostergut Grauhof verabredet. In Folge des fortgeschrittenen Alkoholgenusses kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, in dessen Verlauf der ältere der Tamanis-Brüder ein Messer zog und auf Pfannenschmidt einstach. Dieser kam dabei zu Tode. Noch wochenlang nach der Tat konnte man die Blutlache am Boden erkennen, in der das Blut in den Waldboden eingesickert war. Auch an einem der Bäume waren noch die Einkerbungen der danebengegangenen Hiebe zu sehen. Man nahm den Täter fest und ein Gericht verurteilte ihn später zu 5 Jahren Gefängnis wegen Totschlags. Kurze Zeit nach seiner Haft starb der ältere Bruder. Was aus dem Jüngeren wurde vermag ich nicht zu sagen. An den Polizisten Pretsch, genannt der "Dorfsheriff", kann ich mich ebenfalls erinnern. Er wohnte in einem der Reihenhäuser in der Hirschberger Straße und liebte es, sich in seiner Polizeiuniform zu zeigen. Sein Revier war ganz Jürgenohl, insbesondere aber der Park zwischen Hirschberger Straße und Breslauer Straße. Da es zu seiner Zeit noch verboten war, den Rasen dort zu betreten, lag er immer auf der Lauer nach Menschen, die es mit dieser Vorschrift nicht ganz so genau nahmen und die er dann belehren und abkassieren konnte. Auch er ist schon lange Jahre tot. Originale waren darüber hinaus auch unsere Lehrer. Diese waren natürlich keine echten Originale, aber die Schüler haben Sie dazu gemacht. Ich hatte noch das Glück auf der Realschule Hoher Weg die folgenden Lehreroriginale zu erleben: Tomtom (Herr Thomaß - der Konrektor), Patchen Röver (der Möchtegernkünstler), Maxe Martin (den Rechenspezialisten), Herr Popp (den Einarmigen), Frau Martsch (die Überdrehte), Herr Saathoff (der Ungeeignete), Herr Kuhne (der Unscheinbare), Herr Koch (der verhinderte Operntenor).
    Geändert von rawe60 (07.07.2017 um 09:55 Uhr)

  2. Danke von:

    Galactus (05.07.2017),Hobo (05.07.2017),Luzi (06.07.2017),Peter2809 (07.06.2020),Speedy (06.07.2017),Strippenzieher (10.07.2017),Toni Pepperoni (05.07.2017),Trichtex (06.07.2017)

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