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Thema: Nun also doch, Karstadt schließt

Baum-Darstellung

  1. #4
    Schießhauer Avatar von märklinist
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    Ein Blick zurück bis in die Gegenwart und mögliche Zukunft, sowie Umstände und Folgen

    Einst war Karstadt das Kaufhaus überhaupt, alles unter einem Dach und das auch mal in Goslar, nur dass das alte Karstadtgebäude kein Restaurant/Café und auch keine Lebensmittelabteilung sowie Parkdecks hatte, dafür punktete aber der Altbau mit den schon genannten "Liftboys", wovon ich einen noch persönlich kannte, nämlich den Kriegsversehrten Otto Pirrstadt der die Kundschaft mit großem Eifer von Etage zu Etage gefahren hatte. Ich hab die Worte noch im Ohr - Erdgeschoss, Kurzwaren, Heimtextilien etc. Otto Pirrstadt fand im Neubau sein Dasein unten im Schalterhäuschen als noch das Parken im Parkdeck bezahlt werden musste, weil der "Liftboy" im Neubau eingespart wurde. Die Schaufenster waren immer prallvoll dekoriert, besonders an den ehemaligen Winterschluss- und Sommerschlussverkäufen sowie für die Kinderaugen in der Vorweihnachtszeit mit Spielsachen, wozu auch eine Modelleisenbahnanlage oder Carrerabahn gehörte. Sicherlich schon in den frühen 60 er Jahren waren schon die ersten großen Versandhäuser am Markt (die heute ebenfalls schon größtenteils verschwunden sind), aber dennoch hatten diese nicht die Kraft um ein Kaufhaus wie Karstadt in Umsatznöte zu bringen, im Gegenteil es wog sich auf. Die Menschen damals, so auch meine Mutter und Großmutter gingen besonders zu Zeiten kurz vor den beiden jeweiligen Schlussverkäufen oder in der Adventszeit abends in die Stadt um sich die Schaufenster anzuschauen, denn so hielt man in den frühen 60 er Jahren bis hin in die 70 er Jahre Ausschau nach Sonderangeboten, heute sagt man dazu Schnäppchen.

    Dann kam die Entscheidung in den 70 er Jahren, das man die alten Gebäude abreißen werde, in denen Karstadt bis ca. 1976/77 residierte. Es folgte dann der Neubau, der besonders lange wegen seinen Turmes umstritten war, denn dieser passte wegen der Bauweise nicht ins Stadtbild. Aber in diesem Turm befindet sich ein Fluchttreppenhaus, was aus Brandschutzgründen zwingend vorgeschrieben ist, gut, man hätte die Fassade so wie den Turm anders gestalten können, so das sich das neue Karstadtgebäude besser in die Altstadt eingefügt hätte. Die Eröffnung des neuen Karstadtgebäudes erfolgte in 2 Abschnitten, die eigentliche Eröffnung erfolgte dann im Frühsommer 1978 so meine Erinneruung. Und was hatte da Karstadt alles zu bieten im Gegensatz zum Vorgängergebäude, es gab 2 Parkdecks, ein Restaurant/Café, Personalkantine, im Basement eine recht große Lebensmittelabteilung, ebenfalls fand man im Basement Autozubehör, Werkzeug und Aquaristikzubehör, sowie die Spielwarenabteilung. Im Erdgeschoss die Parfümerie, ein Frisör, Süßigkeiten, Zeitschriften und Lottoannahme, Mister Minit, eine Schallplattenabteilung u.a.. In der ersten Etage, Damen und Herrenbekleidung, sowie Schuhe u.ä., in zweiten Etage, die Elektroabteilung, die Phonoabteilung, sowie Heimtextilien und das Restaurant/Café, damit konnte Goslar punkten - der Slogean damals lautete, Einkaufsstadt mit Herz. Jede Abeilung auch in den ersten Jahren des Neubaus hatte eingiges an Personal, jede Abteilung hatte ihre eigene Kasse, im 2. O.G. gab es sogar eine Sammelkasse.

    Dann kam die Krise, die Umsätze gingen zurück, denn mittlerweile machte sich das Internet breit und bemerkbar auch mit dem Kaufverhalten der Kunden und natürlich Managementfehler. Personal wurde massiv abgebaut, was auch die Kunden zu spüren bekamen, lange Wartezeiten an den wenigen Kassen, gerade zu Zeiten wie in der Vorweihnachtszeit, wenn man eine Frage zu einem bestimmten Artikel hatte, oder einen bestimmten ARtikel suchte, dann suchte man auch vergebens nach Personal was hätte Auskunft geben können. Klar, wenn man so enttäuscht wird, geht man zum Mitbewerber, bzw. man bestellt beim Versandhaus oder in irgendeinem Internetshop. Mir ist bewusst, das es drei große Kostenfaktoren gibt, die man durch Umsatz erstmal erwirtschaften muss, das sind die Miet, bzw. Pachtkosten pro Monat, die Energiekosten und die Personalkosten und ganz nebenbei lagert in den Regalen gebundenes Kapital, denn diese muss ja an den Mann oder die Frau gebracht werden, kurzgesagt den Kunden.
    Leider langen heute Vermieter nicht nur bei Wohnungsmieten kräftig zu sondern auch bei Gewerbeimmobilien. Gelernt hat man mal, das der Markt den Preis regelt durch Angebot und Nachfrage, aber der Staat kann und sollte bei sich andeutenden Krisen regulierend einmischen was aber bisher nicht erfolgte in den letzten Jahren oder nur halbherzig.

    Natürlich haben auch die Kunden durch ihr Kaufverhalten mit dazubeigetragen, das es in diesem Fall mit Karstadt bergab ging, dazu muss ich aber einschränkend sagen, das viele Menschen aufgrund von niedrigen Einkommen oder durch Bezug von Transferleistungen dazu gezwungen sind beim sogenannten "billigen Jakob" einzukaufen. Den letzten Schub dazu haben die Hartzgesetze gebracht und deren Folgen für den Arbeitsmarkt mit sehr niedrigen Löhnen in so einigen Branchen. Leider hat auch das Management ehemals Karstadt eigene Produkte aus seinem Hause verdrängt, was besonders bei Herren- und Damenbekleidung sowie Schuhen der Fall war. Und wer beleibt ist der braucht nun man entsprechend große Größen und wenn da kein Anbebot da ist oder nur unzureichend, bzw. Boutiqueware feilgeboten wird, dann muss man sich auch nicht wundern wenn die Kunden fern bleiben.

    Schon recht früh, noch in den 80 Jahren wurde die Lebensmittelabteilung aufgebegeben, das warum weiß ich aus Insiderkreisen, aber ich werde mich hüten öffentlich darüber zu berichten. Als gelernter Kaufmann weiß ich, das es "Grauzonen" gibt die es zulassen so ein wenig in den Bilanzen "rumzubasteln", daher wählte ich den Begriff "Grauzone", weil weder astrein, aber noch nicht strafbar. Es ist wie überall, die "Dicken" bekommen entweder immer noch mehr "Nachschlag" oder behalten ihre "Portionsgröße", die "mageren" denen setzt man dann "Miniportionen vor" oder man nimmt ihnen die "Portionen" ganz weg, die Folge sich beim Jobcenter durch die Mühlen drehen zu lassen.
    Den großen Bossen ist es immer wichtig, das die Aktionäre zufriedengestellt werden und Boni ausgeschüttet werden und da werden die Augen auch immmer größer trotz Krise, kostet es was es wolle, dann müssen halt Leute entlassen werden, Filialen geschlossen werden. Die Kosten hätte man zuerst senken müssen ganz weit oben bei den Managern, Boni weg, Börsennotierung weg, mit Immobilienbesitzern verhandeln müssen um eine Entlastung des Miet- und Pachtzinses zu erreichen. Es ist ja so einfach, dann geht halt das Personal in die Arbeitslosigkeit dann sind wir diesen Kostenfaktor los, ich denke den Unternehmen wird es zu leicht gemacht betriebsbedingt Mitarbeiter zu entlassen, und wenn es nötig ist, dann sollte man zuerst die Jüngeren entlassen, weil die bessere Aussichten haben eine neue Stelle zu finden.

    In wenigen Monaten wird wohl die Immobilie wo Karstadt ansässig war leerstehen, ein riesen Klotz von Gebäude das nicht universell weitergenutzt werden kann, denn diese Immobilie war als Kaufhaus geplant und gebaut, eigentlich nur neu vermietbar für ein anderes Kaufhaus oder Gemeinschaftswarenhaus. Gerade für Goslar ist dies ein wirkliches Drama, dessen Folgen in seiner ganzen Härte noch garnicht abzusehen sind ohne das Corona dabei noch sein Zutun hat im Bezug auf die Situation für Karstadt. So einige andere Unternehmen werden die Folgen des Lockdowns auch nicht überstehen, besonders im Gastronomiegewerbe und wehe da kommt eine 2. Welle womöglich im Herbst.

    Die Verantwortlich sollten sich aufraffen um einen letztmöglichen Rettungsversuch für Karstadt Goslar zu starten, es ist in Goslar nicht nur das plötzlich mal knapp 70 Menschen entlassen werden die bei Karstadt beschäftigt waren, hier bricht ein"Baum um" für den ganzen Einzugsbereich Vorharz, und Oberharz, sowie für die Touristen die die Weltkulturerbestadt Goslar besuchen. Der Immobilienbesitzer sollte mal fünfe gerade sein lassen beim Mietzins, wenn der keinen Nachfolger findet für das ganze Objekt dann fließen auch keine Mieteinahmen. Wie heißt es so schön mit einem Bein kann ich noch humpeln, ohne Beine geht gar nichts mehr.

    in diesem sinn
    der märklinist

  2. Danke von:

    blueshark (05.07.2020),nobby (20.06.2020),Peter2809 (20.06.2020)

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