Zitat Zitat von Susanne-K. Beitrag anzeigen
Dein wunderbarer Beitrag, Andy, geht mir ziemlich nah.
Denn über das große Ganze habe ich fast den Einzelnen vergessen.
Und was es - vor allem für Euch (ich meine die Einzelschicksale) aus dem Osten - für ein Gefühls-Erdbeben gewesen sein muß - darüber habe ich schon lange nicht mehr nachgedacht.
Es war ja für Euch plötzlich alles ein erstes Mal.
Die erste Einkaufsstraße.
Die ersten gefüllten Geschäfte.
Das erste Mal ohne die Angst, die Stasi im Nacken zu haben.
Das erste Mal in Freiheit
Das erste Mal die Konfrontation mit den Lügen, unter denen man gelebt hat.
Ich glaube, als West-Bürger kann man sich gar nicht vorstellen, was es für Euch sicherlich für ein Schock gewesen sein muß, in die mit Waren gefüllten Geschäfte hineinzukommen und das Überangebot zu sehen.

Ich erinnere mich an einen der Familienbesuche in der Lausitz.
Ich war ein Kind - so um die 8-9 Jahre.
Wir gingen in ein Kaufhaus.
Und die Regale waren - bis auf ein paar wenige Artikel - leer!
Unsere Verwandten erzählten uns daraufhin, wie sie sich organisiert haben, wenn sie hörten, dass es irgendwo etwas zu kaufen gab.
In deren Wohnung gab es eine Gelddose.
Derjenige (egal ob Erwachsener oder Kind), der sie am schnellsten erreichen konnte holte Geld und ging sofort dorthin, wo es etwas gab, in der Hoffnung noch rechtzeitig zu kommen.
Und obwohl mich diese kleine Begebenheit als Kind sehr nachhaltig beeindruckt hat, kann ich nicht im Ansatz nachfühlen, was in Euch vorgegangen sein muß - die ersten Gefühle und Gedanken.

Deshalb ein ganz großes Dankeschön, Andy, dass Du uns davon ein wenig von Dir erzählst und die "Einzel-"menschliche Note damit in den Vordergrund rückst. Ich hoffe, Du wirst uns noch viele Geschichten dieser Art "aus der Sicht der Anderen" erzählen!!!


Susanne da muss ichDir leider zum größten Teil wiedersprechen, sorry aber das muss sein. Ich und auch wirklich mindestens 95% der DDR-Bürger hatten keine Angst vor der Stasi, wir wussten eben von der Bespitzelung keine Ahnung. In einer dwer nächsten Berichte die ich schteibe (Achtung der wird sehr lang und Emotional - Es geht darum, das ich unehrenhaft aus der FDJ (Jugendorganisation) geschmissen wurde - wie ich mit nur ein Satz große Wellen in Schule und Jugendorganisation in gang gebracht habe. Ich denke damals ist auch die Stasi auf mich aufmerksam geworden. Aber Susanne das war ein Fehler, aber ich habe nichts von den Bespitzelungen gemerkt, ich hatte eine gute und tolle Kindheit und Jugend, ich habe mich auch immer frei gefühl, naja ehrlich gasagt, Freiheit so wie ich sie kannte... aber eingesperrt fühlte ich mich nie, Angst vor allem bekam ich erst als wärend der Wende alles raus kam, und ich Namen gehört habe die mich als Kollegen über Jahre bespitzelt haben.... und als der erste Schuss (zum Glück der Einzige) mit Todesfolge fiel. Als ich zum ersten mal hörte das auf Menschen geschossen wurde, die zum "Klassenfeind" ins "nicht sozialistische Wirtschaftssystem" fliehen wurde. Und da war im September 1989, bis dahin war meine Welt zu 100% in Ordnung.

Auch später mal ein Betrag werde ich gestehen, das ich nicht nur ein "Mitläufer" war, sondern von Sozialismus überzeugt war damals, und ich sogar in die SED wollte, warum man mich nicht aufnahm, und wie das Prozedere ist, die "Ehre" zu haben in diese Partei aufgenommen zu werden.

LG Andy