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Thema: Denkmalschutz und Fensterstreit

  1. #1
    Schießhauer Avatar von märklinist
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    Ausrufezeichen Denkmalschutz und Fensterstreit

    Hallo in die Runde,

    als ich das mit den Fenstern in der GZ laß, dachte ich, meine Güte, was für eine "Erbsenzählerei". Denkmalschutz ist ja gut und schön, sollte im Grundsatz auch erhalten bleiben, aber bitte auch mal angepasst an das 21. Jahrhundert. Fenster die nach außen aufgehen sollen, unten könnte ein unaufmerksamer Fußgänger gegen ein offenes Fenster laufen- schepper. In den oberen Etagen, was für ein ausgekochter Blödsinn, Hausfrauen und Hausmänner sind doch keine "Zirkusakrobaten" und dann noch im Nachsatz, man könne sich ja einen Fensterputzer bestellen.

    So einen Murks kann ja nur von Leuten kommen, die eine dicke Brieftasche haben oder die den ganzen Tag im Büro sitzen und von der Realität kaum Notiz nehmen.
    In meinen Augen ist es erstmal wichtig das man Fenster hat, die zur Ernergiesparung und Lärmverminderung beitragen. Natürlich darf ich die Größe der Fenster nicht verändern und keiner kommt ja auf die Idee ausgefallene Farben für seine Kunststofffenster zu wählen, wie lila zum Beispiel.

    Eigentlich ist es doch immer wichtig, das eine Hausfassade ein gutes einheitliches Bild abgibt, das heißt, entweder sind alle Fensterahmen weiß, braun oder grau etc. und ob da an einem Schornstein der Kopf nicht mit Schiefern beschlagen ist das ist genauso unwichtig, keiner geht wie "Hans guck in die Luft" durch die Stadt und schaut nach den Schornsteinen. Natürlich kann ich nicht anfangen und verklinkere mein Haus nach nordeutscher Art und die anderen Gebäude drumrum sind mit Schiefer beschlagen oder haben eine gepflege Fachwerkfassade.

    Anscheinend macht sie niemand von der Denkmalschutz Behörde Gedanken darüber, das solch Auflagen eine Menge Geld kosten und nicht alle Leute sind so begütert, das sie neben der Immobilie sich aufwendige Arbeiten leisten können die dem Denkmalschutz genüge tragen die aus einer vergangenen Zeit stammen.
    So wäre es niemanden zu verdenken, der dann seine Immoblie grob gesagt verkommen lässt, mit dem traurigen Ende das diese am Ende leersteht und dann per Sondergenehmiguung abgerissen werden muss, oder das bestimmte Zeitgenossen mit einer "warmen Sanierung" nachhelfen.

    Was wird das nächste sein, eventuell "Nietenzählerei", ob man die richtigen Nägel benutzt hat um Schieferplatten an der Fassade anzubringen?

    Was ist den mit den ganzen Bausünden in der Altstadt, dem Karstadtneubau und viele mehr, das Drama um das falsche Gelb mit dem das Hansehaus in der Mauerstraße gestrichen wurde und wohl mittlerweile neu gestrichen werden musste und das ist kein Altbau.

    Stadtführungen umgehen meist die Ecken in der Altstadt wo die ein oder andere Immoblie die wirklich mal im sehr guten Zustand war mittlerweile eine Schrottimmobilie ist.

    Viele Immobilienbesitzer gehören auch zur älteren Generation, beziehen Rente, irgendwann endet ihr irdisches Leben, wenn Erben da sind, die haben meist nicht das Kapital um solch ein Gebäude wo es Auflagen vom Denkmalschutz gibt diese zu erfüllen. Natürlich steht im Grundgesetz, das Eigentum verpflichtet, aber wer es finanziell nicht kann, wird oder muss das Haus dann verkaufen und wer kauft schon ein Gebäude wo es ein Moloch von Auflagen gibt um den Denkmalschutz bis ins kleinste Detail genüge zu tragen.
    Am Ende wird es in der Altstadt in einigen Jahren einen enormen und unübersehbaren Leerstand von Gebäuden geben, die dann zunehmend dem Zahn der Zeit ausgesetzt sind.

    In diesem Sinn
    der märklinist

  2. Danke von:

    Günther und Helga (19.02.2022),Hanno (19.02.2022),olek (27.02.2022),sanpatricio (18.02.2022),Speedy (27.02.2022),Strippenzieher (19.02.2022),Toni Pepperoni (21.02.2022)

  3. #2
    Gedingeschlepper Avatar von Joerg
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    Den Schwachsinn verzapft Denkmalschutz seit min. 40 Jahren. Als meine damaligen Schwiegereltern in der Hokenstraße ihre Fenster im 1. OG erneuern musste ging es um die Fensterbretter und das berühmt, berüchtigte "Goldene Kreuz" in den Fenster. Ohne Fensterkreuz ging gar nichts und wenn es noch so hässlich war, dafür mussten die alten Fensterbretter wieder dran. Im EG darunter waren aber große Schaufenster erlaubt.
    Verschieferte Fassaden mussten bei der Sanierung freigelegt werden. Mit dem Erfolg, dass das darunter liegende Fachwerk dann kaputt ging. Die Denkmalschutzbehörde in Goslar hat schon viel Mist gebaut. Ohne Sinn und Verstand gehandelt. Wie man behutsam und fachgerecht saniert, dabei aber trotzdem auch aktuellen Energiesparmaßnahmen nachkommt, geht jedenfalls anders. Das muss noch nicht einmal viel teurer sein. Mit ein wenig Spielraum, bleibt auch der Charakter und Charm der alten Fachwerkhäuser erhalten und wird nicht durch die Kleinkrämerei einer Denkmalbehörde eher zerstört.

    Ich habe selbst ein alten Fachwerkhaus. Jetzt hat es wieder Biberschwanz auf dem Dach, weiße (Kunststoff-) Fenster mit richtigen Fensterkreuz anstatt braune Holzfenster aus den 70er ohne, etc., etc. und damit fast wieder das Erscheinungsbild aus dem Herstellungsjahr 1924

  4. Danke von:

    A.C. (25.02.2022),Andreas (24.02.2022),Goslärsche (21.02.2022),Günther und Helga (19.02.2022),märklinist (20.02.2022),Speedy (27.02.2022),Toni Pepperoni (21.02.2022)

  5. #3
    Moderator Avatar von Bergmönch
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    Auf der Website der Stadt Goslar findet man unter "Denkmalschutz & Weltkulturerbe" ein Gestaltungshandbuch, das von Dr. Christine Bauer verfasst wurde.

    Zum Thema Fenster ist dort zu lesen:




    Der Gesamt Text ist hier zu finden: https://www.goslar.de/images/stadt-b...gshandbuch.pdf


    Entgegen dieser Richtlinie wird jetzt zu Punkt 3 aus "können" ein "müssen". Dies führt insbesondere bei Gründerzeitbauten mit 3,50m Deckenhöhe zu einem nicht hinnehmbaren lebensgefährlichen Unfallrisiko beim Fensterputzen.

    Zu Punkt 4 wird nunmehr die Gesamte Altstadt willkürlich zum "begründeten Ausnahmefall" erklärt. Die über hundertjährigen Fotos in den Geyer-Bildbänden zeigen dagegen ein buntes Gemisch aus weißen und dunklen Fensterrahmen.

    Der goslarer Denkmalschutz hält sich offenbar nicht mehr an seine eigenen, im Internet publizierten Regeln, sondern ändert diese, je nach Laune, zu Ungunsten der Bürger.


    Beste Grüße

    Bergmönch
    Geändert von Bergmönch (20.02.2022 um 18:06 Uhr)
    Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll. (Lichtenberg)

  6. Danke von:

    A.C. (25.02.2022),Andreas (24.02.2022),nobby (20.02.2022),Speedy (27.02.2022),Toni Pepperoni (21.02.2022)

  7. #4
    Schießhauer Avatar von A.C.
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    Zitat vom Bergmönch
    "Der goslarer Denkmalschutz hält sich offenbar nicht mehr an seine eigenen, im Internet publizierten Regeln, sondern ändert diese, je nach Laune, zu Ungunsten der Bürger."

    Wo oder wer sind die Figuren, die diese Regeln und die ausführenden Mitarbeiter kontrolliert und ihnen gegebenfalls auch mal auf die Finger haut?

    Anscheinend versickert jegliche Kritik irgendwo.
    Wo verdammt nochmal ist das Kontrollorgan?
    Diese teilweise nicht nachvollziehbaren Auslegungen gibt es schon seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten.

    Ciao Achim


  8. Danke von:

    Andreas (24.02.2022)

  9. #5
    Schießhauer Avatar von A.C.
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    Zitat vom Bergmönch
    "Der goslarer Denkmalschutz hält sich offenbar nicht mehr an seine eigenen, im Internet publizierten Regeln, sondern ändert diese, je nach Laune, zu Ungunsten der Bürger."

    Wo oder wer sind die Figuren, die diese Regeln und die ausführenden Mitarbeiter kontrolliert und ihnen gegebenfalls auch mal auf die Finger haut?

    Anscheinend versickert jegliche Kritik irgendwo.
    Wo verdammt nochmal ist das Kontrollorgan?
    Diese teilweise nicht nachvollziehbaren Auslegungen gibt es schon seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten.

    Ciao Achim


  10. Danke von:

    Andreas (24.02.2022)

  11. #6
    Schießhauer Avatar von A.C.
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    Na jetzt aber.
    Oberbürgermeisterin schaltet sich zum, wenn es nicht so traurig wäre, Lacher des Monats ein.
    Wahrlich nicht zum ersten sondern leider zum wiederholten mal bringt sich der Denkmalschutz unserer Stadt in den Vordergrund.

    Sicherlich gibt es in der Sache ein Ermessensspielraum, den die Behörde ohne jegliches Fingerspitzengefühl, wieder einmal nicht nutzt.
    Traurig...traurig...traurig.
    Statt dessen werden irgendwelche neu verfassten oder abgeänderten Regeln auf die Strecke gebracht, hinter denen man sich anschließend bestens verschanzen oder verstecken kann.
    Wer ist für diese teils nicht nachvollziehbaren Regeländerungen eigentlich verantwortlich? Wer überprüft diese Institutionen?

    Wer erklärt mir bitte, warum Fenster in der Altstadt zwingend nach außen aufgehen müssen?
    Die wachsende Unfallgefahr spielt hier scheinbar eine untergeordnete Rolle.
    Welcher einleuchtende Grund herrscht dafür vor?

    Bleibt also abzuwarten, ob unsere Oberbürgermeisterin in dieser Hinsicht einen Drall in die richtige Richtung geben kann.

    Ciao Achim


  12. Danke von:

    Andreas (24.02.2022),Bergmönch (22.02.2022),nobby (21.02.2022),Speedy (27.02.2022)

  13. #7
    Schießhauer Avatar von Toni Pepperoni
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    Moin zusammen, es geht munter weiter in dem Streit. Hier ist der Artikel aus der GZ vom 23.02.2022.

    Gruß Toni


    Goslarer Fensterstreit: Ist Unesco-Weltkulturerbe in Gefahr?

    Zur Einordnung des Goslarer Fensterstreits: Icomos-Experte Hartmut P. C. Weidner beantwortet die Frage, ob weiße Fenster das Unesco-Weltkulturebe bedrohen. Hausbesitzer und Denkmalschutz streiten derzeit über Fensterfarben in der Altstadt.

    Goslar. Welterbe und Fensterstreit: Zur Frage der umstrittenen Fensterfarben und -öffnungsrichtungen in der Altstadt hat der zuständige Icomos-Vertreter Hartmut P. C. Weidner auf GZ-Anfrage ein paar Dinge näher erläutert. Die gute Nachricht vorweg: Ein weißes Fenster, das weiß bleibt, ist Weidner zufolge keine Gefahr für den Status der Goslarer Altstadt als Weltkulturerbe. Icomos ist die Berater-Organisation der Unesco und wacht auch über die Erbwürdigkeit der Altstadt.

    „Zu Ihrer Beruhigung kann ich Ihnen versichern, dass ein falsch erneuertes Fenster in Goslar ganz sicher den Welterbestatus nicht zum Kippen bringt“, betont der Icomos-Experte. Doch fügt er hinzu: „In der Summe falscher Maßnahmen äußert sich allerdings in solchen Veränderungen auch das Bewusstsein der Bewohner der Stadt Goslar gegenüber der historischen Prägung ihrer unmittelbaren Lebensumwelt.“
    Welterbe: Ohne Zustimmung der Bürger sinnlos

    Ganz wichtig sei auf jeden Fall aber, dass die Bewohner weiterhin zum Welterbe stehen: „Ihre Zustimmung zur Erhaltung der Besonderheit der Altstadt, auch ihre Bereitschaft zu einer besonderen Vorbildfunktion, darf nicht verloren gehen, sonst macht das so stolze Projekt ‚Erhaltung eines Kulturerbes der Menschheit‘ keinen rechten Sinn“, schreibt Weidner.

    Strittig sind zwischen Hauseigentümern und Denkmalschutz vor allem zwei Punkte: Zum einen ärgern sich Goslarer, die historische Gebäude besitzen, darüber, dass bisher weiße Fenster nun laut Vorgaben verpflichtend dunkle Fensterrahmen bekommen müssen – auch wenn ein Haus, das 40 weiße Fenster hat, nun plötzlich zwei dunkle bekommen soll, was die Bewohner als ausgesprochen hässlich empfinden. Zum anderen sind Hausbesitzer verärgert über die Vorschrift, dass neue Fenster nach außen öffnen sollen. Die Bewohner sind besorgt, dass dann das Fensterputzen gefährlich werden kann. Mehrere Hausbesitzer haben inzwischen erklärt, dass sie ihre Immobilien lieber verfallen lassen wollen, als sich den Bestimmungen des Denkmalschutzes zu beugen.

    Fenster als "historische Dokumente"

    Was hat es mit den Fensterregeln auf sich? Weidner stellt das Vorgehen bei der Bewertung folgendermaßen dar: Fenster, die noch ganz von der vorindustriellen Technik bestimmt sind, würden betrachtet als „historische Dokumente, die es unbedingt zu erhalten gilt – durch Reparatur beziehungsweise Restaurierung. Erst wenn dieses überhaupt nicht realisiert werden kann aus technischen, funktionalen beziehungsweise wirtschaftlichen Gründen, ergibt sich die Notwendigkeit von einer Neuanfertigung, die in möglichst vielen Aspekten nah am abgängigen Original bleiben sollte.“
    Sanierung im 20. Jahrhundert

    Anders aber liege der Fall bei Fenstern, die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgetauscht worden sind. Hier werde „einer abermaligen Erneuerung wenig entgegenzusetzen sein, wenn sich dabei keine ins Gewicht fallenden Veränderungen der Ansichten führt“, so Weidner. Ins Gewicht fallende Veränderungen könnten sein: zu breite Rahmen, veränderte Profilierungen und geänderte Teilung der Fensteröffnungen. Aber: „Schon der Austausch von normalen Scheiben mit äußeren Kittfalzen gegen Thermopenscheiben, die mit inneren Leisten befestigt werden, führten zu manchmal beachtlichen Verschiebungen der Gesamtfassadenproportionen und natürlich zum Wegfall der typischen technischen Details historischer Fenster.“ Für die Lösung solcher Fragen gebe es einen erprobten Katalog unterschiedlicher Lösungen, über die im Einzelfall entschieden werden muss.
    Teure weiße Fensterfarbe mit Bleipigment

    Zur Frage der geforderten dunklen beziehungsweise bunten Fenster stellt Weidner fest: „Weiße Fenster gibt es tatsächlich erst seit 120 bis 140 Jahren. Weiße Fensteranstriche waren vor der Zeit industrieller Farbenherstellung sehr teuer und wurden daher bei einfachen Bürgerbauten eigentlich nie verwandt.“

    Erst als das historische und letztlich auch giftige Bleipigment durch moderne Farben abgelöst wurde, habe sich Weiß als gängige Fensterfarbe durchsetzen können. Erst recht, als weiße Kunststofffenster immer häufiger verwandt wurden. „Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren demnach die Fenster insbesondere von bedeutungsvolleren Bauten bestimmt von ihrer besonderen Materialfarbigkeit – Mahagoni war ein beliebtes, wenn auch teures Fenstermaterial – oder einer wechselnden farbigen Fassung“, sagt der Experte. Oft habe die natürliche Farbe des Holzes eine Rolle gespielt, so gab es Fenster in Sandtönen über Ocker und von Rottönen bis Tiefbraun. Einfache Fenster wurden meist auch nur geölt, was zu zunehmend dunkler Tönung führte. Weidners Fazit: „Also, will man einem neuen Fenster ein bisschen den Eindruck von Historie geben, sollte von einem weißen Anstrich abgesehen werden.“
    Historisch belegt: Fenster öffnen nach außen

    Auch die Forderung des Denkmalschutzes nach Fenstern, die nach außen öffnen, habe historische Gründe. Im Fachwerkbau habe man früher die Fensterflügel oft ohne Fensterrahmen direkt an die Ständer oder entsprechende Pfosten montiert. Sie lagen dann in einer Ebene mit der Fachwerkaußenfläche und konnten nur nach außen geöffnet werden. „Diese Öffnungsform verstärkte im windreichen Norden zudem auch die Fensterdichtung durch den Winddruck von außen“, erklärt Weidner und fügt hinzu: „Noch vor 50 Jahren hat diese Tradition zumal in der warmen Jahreszeit ganz besondere Straßenbilder mit den durch die offenen Flügel reizvoll bespielten Fassaden erzeugt.“
    Gefahren beim Fensterputzen

    Zur Gefährlichkeit und zu den Sorgen der Hausbesitzer räumt er ein: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dies unter heutigen Sicherheits-Standards bei größeren Fenstern nicht unproblematisch ist.“ Allerdings will er doch an dieser Öffnungsrichtung, so weit möglich, festhalten: „Trotzdem sollte man Beispiele dieses für den Fachwerkbau typischen Details, wo auch immer noch nachweisbar, soweit es geht und vertretbar ist, erhalten“, rät der Fachmann.
    Denkmalpflege ohne Regelkatalog

    In der Denkmalpflege gebe es keinen Regelkatalog, sagt der Icomos-Experte. „Die Richtlinie ergibt sich aus dem Bewertungszusammenhang jedes Denkmalteiles.“ Daher müsse in jedem Einzelfall die Begründung für Auflagen aus dem Kontext heraus gefunden und dargelegt werden. „Sprossenfenster ja oder nein?“, die Frage sei „ohne realen Bezug von der Denkmalpflege nicht zu beantworten.“ Gerade die Diskussion und das Gespräch miteinander seien in diesen Fragen sehr wichtig: „Es muss geredet, vielleicht auch gestritten und gerechnet werden. Dabei gibt es wie häufig so vor allem im Denkmalkontext keinen Anspruch auf die billigste Lösung.“
    Möglichkeiten zum Energiesparen in Baudenkmalen?

    Auch die Denkmalpfleger beschäftige das Thema, welchen Beitrag zur Einsparung und Ressourcenschonung von Baudenkmalen mit übernommen werden können. Weidner: „Da gibt es durchaus Möglichkeiten, aber leider häufig nicht an den Stellen, die gemeinhin als Ansatzmöglichkeiten zur Nachrüstung von bestehender Bausubstanz üblicherweise gesehen werden.“

    Denkmalpflegern sei „bereits von Sache her jedes normative Entscheiden fremd“, betont Weidner. „Die Diskussion wird, muss weitergehen.“

  14. Danke von:

    Andreas (19.04.2022),Bergmönch (23.02.2022),nobby (23.02.2022),Speedy (27.02.2022)

  15. #8
    Moderator Avatar von Bergmönch
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    Zusammenfassung: Die Vorgehensweise wird nicht geändert, die willkürliche Beurteilung bleibt.

    Falls übrigens jemand mal einen morschen Fachwerkbalken auswechseln muss, kann es passieren, dass dies nur unter Verwendung eines gleichaltrigen Balkens geschehen darf (Quelle: Örtlicher Handwerker). Auch nett, oder?

    Beste Grüße

    Bergmönch
    Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll. (Lichtenberg)

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    Andreas (19.04.2022),Speedy (27.02.2022)

  17. #9
    Schießhauer Avatar von Toni Pepperoni
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    @Bergmönch

    So einen Fall hatte ich in meiner Mietwohnung. Dort wurde der komplette Balken ausgetauscht, aber durch einen neuen ersetzt.

    Gruß Toni

  18. #10
    Schießhauer Avatar von Toni Pepperoni
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    Goslar. Helle oder dunkle Fenster? Im Streit mit dem Denkmalschutz zitieren Bürger immer wieder das „Gestaltungshandbuch“, das auf der Stadt-Homepage www.goslar.de zu finden ist. Dort steht eindeutig, dass Fenster weiß sein sollen und nach außen aufgehen können (also nicht müssen). Gilt das Handbuch noch? Wieso hält sich der Denkmalschutz dann nicht daran? Gilt es nicht mehr? Warum steht es dann auf der offiziellen Stadtseite?
    Richtlinien zur Fenstergestaltung in der Altstadt

    Wer wissen will, wie Fenster in der Goslarer Altstadt beschaffen sein sollen, stößt beim Googeln sofort auf das Büchlein „Der Bauberater für Goslar“. Das Gestaltungshandbuch, dessen Untertitel die „Richtlinien für die Erhaltung und Gestaltung des Unesco-Weltkulturerbes Altstadt Goslar“ ankündigt, ist auf der Stadt-Homepage unter www.goslar.de/images/stadt-buerger/ wohnen-bauen/denkmalschutz-weltkulturerbe/gestaltungshandbuch.pdf zu finden. Darin steht auf Seite 35: „Neue Fenster können – nach historischem Vorbild – mit nach außen gehenden Fenstern ausgestattet werden“ und „Fenster sollen einen weißen Farbton aufweisen. In begründeten Ausnahmefällen sind auch graue Farbanstriche der Fenster möglich.“

    Allerdings: Das Handbuch ist nicht mehr das jüngste, das Geleitwort stammt noch von Oberbürgermeister Dr. Otmar Hesse. Der Text, verfasst von Dr. Christine Bauer, ist datiert auf das Jahr 2003.
    Keine Rechtsgrundlage

    Stadtsprecherin Vanessa Nöhr hat auf GZ-Anfrage dazu Stellung genommen. „Das Gestaltungshandbuch sollte eine Handreichung sein, damit sich Bürgerinnen und Bürger sowie Handwerksbetriebe grundsätzlich über denkmalgerechte Sanierung informieren konnten“, schreibt sie. „Das Gestaltungshandbuch ist aber keine Rechtsgrundlage, sondern ausschließlich das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz ist Rechtsgrundlage für die Arbeit der Denkmalschutzbehörden. Und in der Tat sind Passagen des Gestaltungshandbuchs überholt“, sagt die Stadtsprecherin. Dass sich inzwischen die Regeln des Denkmalschutzes geändert haben, sei dem wissenschaftlichen Fortschritt geschuldet. „Es ist natürlich irreführend, dass das Handbuch dennoch ohne entsprechenden Hinweis 1 zu 1 auf unserer Homepage zu finden ist“, räumt Nöhr ein. Die Konsequenz: „Wir werden da zeitnah nachsteuern.“ Seit der GZ-Anfrage vom 22. Februar zum Status des Handbuchs ist jedoch noch kein „Nachsteuern“ sichtbar.
    Goslar ist kein Einzelfall

    Dass sich im Verlauf von fast 20 Jahren die wissenschaftlichen Grundlagen ändern, klingt einleuchtend. Wie aber kamen die Denkmalschützer zu der Entscheidung, ab 2017 verstärkt dunkle Fenster vorzuschreiben? „Das Wissen um farbige Fenster an historischen Bauten ist seit vielen Jahren bekannt und wird auch vielfach konsequent in anderen Städten und Regionen Deutschlands durchgesetzt“, betont Nöhr. Goslar sei da kein Einzelfall. „Allerdings sind die Menschen nicht ausreichend in diesen Prozess einbezogen worden“, stellt sie angesichts des aktuellen Streits fest.
    Farbspuren an historischen Fenstern

    Die Hauptquellen für die neuen Erkenntnisse seien historische Bilder sowie Farbbefunde an historischen Fenstern. „Sie geben sehr viele belastbare Hinweise, dass im Regelfall die Fenster farbig waren und nur im Ausnahmefall weiß beziehungsweise hell.“

    Nun gibt es aber bei einigen Häusern, die um 1900 entstanden sind, sogar fotografische Belege für ursprünglich weiße Fenster. Etwa das Haus des Ehepaars Rinck in der Gosestraße (die GZ berichtete). Warum verlangt der Denkmalschutz hier weiße Fenster? Nöhr: „Bis etwa um 1905/1910 wurden Fenster in der Regel farbig ausgestaltet. Weiße Fenster waren die Ausnahme. Wenn jedoch dokumentiert ist und entsprechend nachgewiesen werden kann, dass die Fensterrahmen ursprünglich weiß waren, sind auch weiße Fensterrahmen zulässig.“ Generell seien um die Jahrhundertwende vermehrt weiße und helle Fenster aufgekommen. Aber: „In den meisten Fällen waren das Bestandsfenster, die ursprünglich farbig waren und erst damals einen neuen Anstrich erhalten haben. Sie gehörten also nicht zur ‚weißen Ausnahme‘“, hebt die Stadtsprecherin hervor.
    Beispiele für helle und dunkle Rahmen

    Als Beispiel für eine ursprünglich helle Farbgestaltung nennt sie das Haus am Marktkirchhof 1, dessen Vorgängerbau 1906 abgebrannt war und 1907 gegen den heutigen Neubau ersetzt wurde: „Dessen Fenster erhielten nachweislich einen hellen Farbanstrich. In einem solchen Einzelfall kann von der Regel abgewichen und eine helle statt farbige Fenstergestaltung gewählt werden“, sagt Nöhr. Ein Gegenbeispiel: „Dass farbige Fenster um die Jahrhundertwende durchaus als Gestaltungswille der damaligen Zeit in Goslar zu deuten sind, zeigen sehr schön zwei repräsentative Bauten am Markt, Nummer 12 und Nummer 11, deren Fenster nach 1900 ebenfalls einen neuen Anstrich erhalten haben, und dieser war nachweislich farbig.“
    Was gilt? Neue Satzung seit 2019 gefordert

    Das Handbuch gilt also nicht mehr. Was ist also dann die Grundlage? Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner hatte kürzlich erklärt, sie wolle mit dem Stadtrat darüber sprechen, „ob wir wieder eine Gestaltungssatzung einführen“. Zur aktuellen Diskussion verweist die Stadtsprecherin auf einen Ratsbeschluss vom 19. März 2019: Danach hat der Rat die Verwaltung beauftragt, eine örtliche Bauvorschrift zur Erhaltung und Gestaltung der Altstadt von Goslar zu erarbeiten, die dann vom Rat zu beschließen ist.“ Ihr Fazit: „Der aktuelle Diskurs hat uns gezeigt, dass es dringend notwendig ist, eine zeitgemäße Auflage des Gestaltungshandbuches zu erarbeiten beziehungsweise eine neue Gestaltungssatzung zu beschließen. In diesen Prozess ist die Stadtgesellschaft einzubeziehen.“

    Gruß
    Toni

    Quelle: GZ
    Geändert von Toni Pepperoni (03.03.2022 um 10:05 Uhr)

  19. Danke von:

    Andreas (19.04.2022),nobby (03.03.2022)

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